Kaspar Schott
Kometenerscheinungen




Beobachtungen in Würzburg 1665

Festung Marienberg, Gebr. Matz, um 1899

Am 2. Januar 1665 hatte Schott an Faber über vergebliche Beobachtungen am Jahresende in Würzburg berichtet:

Ich sollte ergänzen, dass zwei Patres unseres Kollegiums, die am letzten Tag des Jahres an einem Ort größerer Höhe drei Stunden von hier zu tun hatten, sorgfältigst den Himmel von 2 Uhr morgens bis zur Dämmerung beobachteten, und die Nacht war so klar, dass sogar kleinere Sterne deutlich zu sehen waren, doch sie entdeckten keinen Kometen. Daraus schließe ich, dass er schon verschwunden war oder dass er erst später erschien und von uns nicht beobachtet werden konnte.

Über das sich daraus ergebende Zeichen habe ich nichts zu sagen, denn eine Vorhersage würde genaue und zuverlässige Beobachtungen der Größe, der Gestalt, der Farbe, der Bewegung und anderer Eigenschaften des Kometen erfordern.

Am 6. Januar 1665 kann er nun von eindrucksvollen Beobachtungen auch in Würzburg berichten. 

Zuletzt habe ich den Kometen, von dem ich bisher dachte, er sei verschwunden, auf einmal an einem anderen Ort und zu anderer Zeit beobachtet. Denn am 4. (nach dem neuen Kalender) dieses Monats Januar erschien er um 6 Uhr abends zwischen Taurus [Stier] und Aries [Widder] (ich meine unter dem Taurus im Eridanus) zwischen Wolken, die zunehmend verschwanden, nicht fern vom Süden von uns aus. Sein Schweif war nicht wie vorher nach Westen gerichtet, sondern nach Osten. Was vorher wie ein Ziegenbart aussah, wirkte nun wie ein Schwanz, denn vorher ging er der aufgehenden Sonne voraus, nun folgte er der untergehenden Sonne. Seine Bewegung war also aufsteigend vom 17. Dezember bis zum besagten 4. Januar, vom Schnabel des Raben, unter dem er erschienen war, bis in die Wasserschlange, durch die Milchstraße, durch den Orion und den Eridanus bis zur Ekliptik, fast innerhalb des Stiers, über mehr als 130 Grad; so tauchte er am östlichen Horizont um mehr als 10 Stunden früher auf als vorher. Unsere Eminenz zusammen mit seinem Hofstaat sah ihn von seiner Festung aus, und unsere ganze Stadt sah ihn. Die folgende Nacht wollte ich auf der Festung verbringen, um ihn genauer durch das Fernrohr zu beobachten, doch Regen und Schnee versperrten uns wiederholt die Sicht bis jetzt zum 6. Januar, bis ich von der Residenz unserer Eminenz zurückgekehrt bin und jetzt diese Worte schreibe. Wenn es so weiter geht, wie es begonnen hat, dann wird er geradewegs durch das Dreieck und die Andromeda bis zum Drachen und schließlich bis zum Polarstern weiterwandern. Er wird ohne Zweifel die Menschen im Norden erschrecken. Ich will dazu nichts weiter sagen, denn ich halte alle Vorhersagen für ungewiss, die zum großen Teil unerfahrene Astrologen aus ähnlichen Zeichen herleiten.

Denn wenn jemand Kriege vorhersagt oder den Tod von Fürsten, Unfruchtbarkeit, Stürme, Erdbeben oder Ähnliches, muss die Frage gestellt werden: Warum sollten wir eher getroffen werden als die Menschen anderer Länder, die der Komet ja auch täglich überstreicht? Warum nicht die Menschen von fast ganz Asien, fast ganz Europa oder ganz Amerika?

Aus: H.-J. Vollrath, T.E. Conlon, A. Müller, Kaspar Schotts Netzwerk, Briefe 1661-1666, Würzburg 2014, S 182-185; 188-189

Über weitere Beobachtungen in Würzburg berichtet Schott an Lubieniecki.






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Prof. Dr. H.-J. Vollrath