Sonnenuhren

Vorwort aus:
 Kaspar Schott, Organum mathematicum, Nürnberg 1668
Übersetzung: Pater Alban Müller SJ


Gerne wiederhole ich, ja tausendmal möchte ich wiederholen, was ich im zehnten Buch des Cursus mathematicus als Vorwort geschrieben habe, daß ich immer fest davon überzeugt gewesen bin, daß sowohl alle mathematischen Disziplinen als auch im besonderen die Gnomik bzw. die Lehre von den Sonnenuhren, das heißt jene bewunderswerte Technik jegliche Sorte von Sonnenuhren herzustellen, keinen anderen Urheber zulassen, als den besten, größten Gott, der jene dem Erstgebildeten, dem ersten Menschen, zur Weitergabe an die Nachkommen, wie ich immer glaubte, zugleich mit der Kenntnis anderer Sachgebiete eingegossen hat. 

Denn wer hält jene, allen menschlichen Erfindergeist überragende Wissenschaft nicht für göttlich, die den Himmel auf Erden herabkommen läßt, die unermeßliche Größe des Himmels, die so langen und weiten Bahnen der Sonne und des Mondes bekannt macht, die verschiedenen geordnetsten Irrfahrten der übrigen Planeten und das gesamte Heer der Himmelskörper auf Erden erscheinen läßt und durch die Schattensäule wie mit einem Stift auf ein leuchtendse Feld schreibt, oder im strahlenden Schatten der verschiedenen Ebenen und Körper abzuzirkeln, und vor Augen des Geistes nicht nur, sondern auch des Körpers zu stellen, und das in fast unbegrenzter Weise, nämlich optisch durch den direkten Strahl oder durch einen reflektierten oder durch einen gebrochen Strahl? Und dies alles auf geometrische Weise durch Geraden, auf arithmetische durch Zahlen, auf künstlerische Weise durch verschiedene Instrumente, die zu diesem Zweck aufs glücklichste von den verschiedenen Autoren erfunden wurden? 

Wenn deshalb dies aus dem gesamten Gebiet der mathematischen Fächer dem geistigen Talent der Fürsten und Adeligen wohl ansteht und die Gemüter erfreut, habe ich mit Recht geglaubt, daß dies, von dem nun die Rede ist, sich so verhält: Was unseren Autor antrieb, das, was er so hoch einschätzte, wollte er seinem Fürsten weitergeben. Er gab das weiter auf seine Weise und in aller Kürze, in einer leicht faßlichen Methode mit Hilfe gar weniger Tabellen und einem Lineal, das er Regula Sciatherica nennt und das ja auf dem Quadranten fußt. Der Quadrant ist aber in weitestem Gebrauch zur Konstruktion der Uhren jeglicher Art; obgleich ich über beides im Cursus mathematicus geschrieben habe, meine ich dennoch, hier einiges wiederholen und ausführlicher erkären zu müssen, den Fürsten und Adeligen zu Gefallen. 

Damit ich mich aber der gewohnten Methode bediene, stelle ich zunächst kurz vor, was der Autor des Organum in dem Büchlein abhandelt und zur Erklärung des fünften Fachs dient; danach bringe ich das Büchlein selbst, und schließlich füge ich eine ausführlichere Unterweisung an.


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