Ausstellung 1997:

Schneider-Ellen

Die Elle 
Die Elle gehört zu den ältesten Längenmaßen und ist ein Urmaß, das sich in vielen Kulturen findet. Sie ist der Länge des Unterarms entlehnt. Ellen waren zunächst meist durch Markierungen auf Stein festgelegt. Handwerker und Händler benutzten Stäbe aus Holz oder Metall, die mit kleineren Einheiten versehen waren.

Beispiele für alte Ellen:
Die Nippur-Elle (4000 v. Chr.; Mesopotamien): 518 mm.
Die ägyptische Königselle (3000 v. Chr.): 524 mm. 
Die babylonische Königselle: 530 mm.

Im Mittelalter konkurrierten zahlreiche unterschiedliche Ellen miteinander.
Im 19. Jahrhundert hatte in Deutschland praktisch jede Stadt ihre eigene Elle.

Beispiele: 
Augsburg: 587 mm; Berlin: 667 mm; Bremen: 579 mm; Darmstadt: 600 mm; Dresden: 567 mm;
Frankfurt: 547 mm;  Hamburg: 573 mm; Hannover: 584 mm; Karlsruhe: 600 mm; Kassel: 570 mm;
Leipzig: 565 mm; Lübeck: 577 mm; München: 833 mm; Nürnberg: 657 mm; Oldenburg: 581 mm;
Stuttgart: 614 mm; Würzburg: 584 mm. 

Nach der Reichsgründung 1871 hört die Elle auf, ein Längenmaß zu sein.


Schneider-Ellen
Schneider benutzten aus Holz gefertigte Ellen zum Abmessen des Stoffes. Derartige Holzmaßstäbe werden heute immer noch im Stoffhandel verwendet (50 cm oder 100 cm lang).
Nach 1871 hatten manche Ellen auf einer Seite die alte Ellenlänge, auf der anderen eine Länge von 50 cm mit Dezimaleinteilung. Die Ellen hatten die in der Region gültige Länge. Sie waren meist in Halbe, Viertel und Achtel unterteilt. Dabei galt im 19. Jahrh. in der Regel:
1 Elle = 2 Fuß. 

Es gibt neben einfachen Ellen aus graviertem Massivholz auch kunstvoll gefertigte Schneiderellen, die gedrechselte Griffe haben, mit Edelholz furniert und mit Intarsien unterteilt sind.



Längen der ausgestellten Schneiderellen
Die ausgestellten Schneiderellen stammen aus unterschiedlichen Städten Deutschlands und wurden von Ende des 18. Jahrhunderts bis Ende des 19. Jahrhunderts gefertigt. Die verschiedenen Längen zeigt das Diagramm.

Metrologie (Maßkunde)

1771 erhielt der Würzburger Mathematiker Franz Huberti (1715-1789) von Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim die Weisung, die im Würzburger Hochstift bestehenden Maße zu bestimmen. Als Bezugseinheit wählte er die Länge des Pariser Fußes (324,8 mm). 

In einer Zusammenstellung von Franz Huberti aus dem Jahre 1786, die als Manuskript in der Universitätsbibliothek vorliegt, finden sich auch Angaben über Ellenlängen aus der Region (1 Pariser Fuß = 12 Pariser Zoll):

  • Bamberg 27 5/12 Zoll = 666 mm
  • Kitzingen 24 4/12 Zoll = 591 mm
  • Schweinfurt 24 1/2 Zoll = 595 mm 
  • Wertheim 23 7 1/2 /12 Zoll = 574 mm
Die unterschiedlichen Ellenlängen machten umständliche Umrechnungen erforderlich. Eine Aufgabe mit allen Schikanen aus einem Schulbuch des Würzburger Professors für Mathematik, Johann Schön (1771-1839):
"Wenn in Würzburg ein Stab Tuch, oder 2 Ellen 18 Gulden hiesiges Geld kosten, was kosten zu derselben Zeit 5 Wiener Ellen von demselben Tuche in Gulden Wiener Währung, aber in Papiergeld gezahlt?"



© Vollrath (Institut für Mathematik)